Der Ben-Franklin-Effekt: Bitte um Gefallen, um zu gefallen
Von Natur aus strebt der Mensch eine gesunde Balance zwischen Geben und Nehmen an. Der Grund dahinter ist simpel: wir möchten niemanden etwas schulden. Wenn diese Balance, wie etwa durch einen Gefallen gestört wird, will man sie so schnell wie möglich wiederherstellen.
Inhalt
Vitamin (B)eziehungen
Vor allem wenn man sich gerade erst selbständig gemacht und sein eigenes Unternehmen gestartet hat, ist man oft auf die Hilfe von anderen angewiesen.
Du hast einen Bekannten der ein gutes Wort bei einem potenziellen Kunden einlegen könnte? Gut, bitte ihn darum! Daran ist nichts falsch – so funktioniert unsere Gesellschaft. Je “globaler” und vernetzter wir werden, umso dringender benötigen wir “reale”, soziale Kontakte um voranzukommen.
Nichts gibt’s umsonst – oder?
Aber, die Geschäftswelt hat uns doch gelehrt: ‘Nichts ist umsonst – alles hat seinen Preis’. Um “Schadensbegrenzung” vorzunehmen, überlegt man sich oft schon im Vorhinein, wie man sich für eine Gefälligkeit revanchieren soll. Oder besser gesagt, wie man die Balance wiederherstellen kann.
Zumindest glauben die meisten, dass es so funktioniert.
Der Schriftsteller und Staatsmann Benjamin Franklin beweist uns jedoch genau das Gegenteil.
Bitte um Gefallen, um zu gefallen
Vor seiner Zeit als U.S. Präsident wollte Ben Franklin einen Abgeordneten von seinen Ideen überzeugen.
Das Problem: zu diesem Zeitpunkt war Franklin noch ein einfacher Jungpolitiker, der keinen Kontakt zu dem Abgeordneten hatte.
Anstatt jedoch mit Gefälligkeiten die Sympathien des höherrangigen Politikers zu erschleichen, hat er den Spieß einfach umgedreht:
Franklin ist zu Ohren gekommen, dass sich ein seltenes Buch in der Bibliothek des Abgeordneten befindet. Er hat daraufhin den besagten Mann per Brief gebeten, es ihm zu borgen, da er es gerne lesen möchte.
Geschmeichelt, dass Franklin Interesse an seiner Bibliothek zeigte, hat der Abgeordnete ihm das Buch gerne geschickt. Franklin las es, gab es wieder zurück und hat seine Begeisterung in einem beigelegten Brief kundgetan.
Als sie das nächste Mal aufeinander im Kongress trafen, hatte sich Franklin die Aufmerksamkeit des Abgeordneten gesichert – er bat ihn um weitere Gefallen und konnte letztendlich seine Forderungen durchsetzen. Die beiden wurden sogar zu lebenslangen Freunden.
Ben hatte keinen direkten oder indirekten Draht, sozusagen Vitamin B, zu dem Abgeordneten. Davon hat er sich jedoch nicht unterkriegen lassen. Er war aufmerksam und verschaffte sich auf eine unkonventionelle Weise eine Gefälligkeit eines nahezu Unbekannten. Clever!
“Wenn du jemanden um einen großen Gefallen bitten möchtest, bitte ihn zuerst um einen kleinen”
Helper’s High – Wir drehen den Spieß einfach um
Wir leben in der Annahme, dass Menschen die uns mögen, uns Gefallen erweisen. Doch das funktioniert auch umgekehrt. Wenn wir jemanden einen Gefallen tun, fangen wir an diese Person zu mögen. Warum?
Wir bekommen ein sogenanntes “Helper’s high”; Glücksgefühle die uns in einen guten Gemütszustand bringen (das gilt aber nur solange die Hilfe nicht als Last wahrgenommen wird!). Später assoziieren wir diese positiven Gefühle mit der Person und fangen an sie zu mögen.
Dieser Vorgang ist sozusagen eine Rechtfertigung des eigenen Handelns. Und das führt dann letztendlich wieder zu einer inneren Balance, die wir natürlicherweise anzustreben versuchen. Der Kreis schließt sich.
Was hältst du vom Ben-Franklin-Effekt? Hast du ihn bereits ausprobiert? Welche Erfahrungen konntest du damit sammeln?
Bildquelle: w.r.wagner / pixelio.de